Was kostet Nutzen?

Wenn Auftraggeber mit Kreativschaffenden zusammenarbeiten – mit Illustratoren, Fotografen, bildenden Künstlern, Designern, Schriftstellern –, dann muss im Rahmen der Vergütung auch über Nutzungsrechte gesprochen werden.

Doch wenn Paragraphen ins Spiel kommen, gibt es auch immer Fragen und Unsicherheiten. Wer schon mal in deutschen Gesetzestexten gelesen hat, weiß genau, warum. Dieser Artikel soll daher einen verständlichen Überblick zum Thema „Nutzungsrechte“ geben.

Blog Nutzungsrechte: Intro Skizzenbuch mit Illustration

Was sind Nutzungsrechte?

 
Die Einräumung von Nutzungsrechten ist im deutschen Urheberrechtsgesetz geregelt. Also fangen wir doch direkt dort an. Sobald ein Schöpfer, z. B. ein Illustrator, mit einem Werk ein gewisses Maß an Individualität erreicht, man spricht von Schöpfungs- oder Gestaltungshöhe – entsteht ihm das Urheberrecht. Damit genießen seine Werke auch besonderen Schutz.

Das Urheberrecht kann nicht an andere weitergegeben werden. Es kann nur vererbt werden – und das will man zu Lebzeiten eher nicht. Ohne weitere Optionen gäbe es demnach keine Möglichkeit, das Werk wirtschaftlich zu nutzen. Daher gibt der Gesetzgeber dem Schöpfer neben einem Verwertungsrecht auch die Möglichkeit, Dritten das Recht zur Nutzung einzuräumen.

Ein Beispiel: Eine Kosmetikmarke lässt eine Illustration für einen Flyer erstellen, um ein neues Produkt zu bewerben. Sie erhofft sich damit die Ansprache eines bestimmten Publikums und mehr Umsatz.

Mit der Einräumung der Nutzungsrechte kann der Urheber der Illustration in diesem Fall an dem wirtschaftlichen Mehrwert seiner Arbeit, die durch die Nutzung des Auftraggebers entsteht, teilhaben. Im Gegenzug erhält der Auftraggeber klare Regelungen und Rechtssicherheit, da die Erlaubnis genau definiert, in welchem Umfang er die Illustration nutzen darf.

Wichtig! Wer die Einräumung des Nutzungsrechts nicht zahlen möchte, der darf das Werk nicht nutzen – auch wenn er den Aufwand für die Erstellung bezahlt hat. Das Urheberrecht bleibt nämlich trotzdem beim Schöpfer. Und da dieses nicht übertragen werden kann, ist eine Nutzung nur durch Einräumung der entsprechenden Rechte möglich.

Welche Nutzungsrechte können eingeräumt werden?

 
Die Aspekte, die im eingeräumten Nutzungsrecht berücksichtigt sind, können individuell gestaltet werden. So nutzt die Illustratoren Organisation (IO), der Berufsverband deutschsprachiger Illustrator*innen, ein sehr transparentes Modell, auf das auch wir bei der Zusammenarbeit mit Auftraggebern und Illustratoren zurückgreifen. Dabei werden folgende Nutzungsfaktoren definiert:

  • Nutzungsart:
    Einfach oder exklusiv. Bei einem einfachen Nutzungsrecht kann der Urheber für das gleiche Werk auch anderen eine Nutzung erlauben.

  • Nutzungszweck:
    Art der Medien, in denen das Werk genutzt wird (z. B. Flyer, App, Magazine).

  • Nutzungsumfang:
    Größe der Zielgruppe, Höhe der Auflage bzw. der Zugriffszahlen.

  • Nutzungsraum:
    Regional, Deutschland, DACH-Region, EU, international (unbeschränkt).

  • Nutzungsdauer:
    Einmalig, drei Jahre bis unbegrenzt.

Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit eines Total Buy-outs, also der pauschalen Einräumung aller exklusiven Nutzungsrechte. Mit dieser umfänglichen Option verliert der Urheber jedoch das Recht, das Werk selbst zu verwenden, z. B. in seinem Portfolio.

Was kosten Nutzungsrechte?

 
Jedem der genannten Nutzungsfaktoren ist je nach Umfang ein Multiplikator zugeordnet. Die Kosten für die Nutzungsrechte (Nutzungshonorar) berechnen sich aus dem Werkhonorar (Arbeitszeit × Stundensatz) × Summe der Multiplikatoren. Schauen wir uns das am Beispiel des Produktflyers für die Kosmetikmarke an:

Blog Nutzungsrechte: Kalkulationsbeispiel für einfache Nutzrechte
Kalkulation A: Nutzungsfaktoren bei einem geringen Umfang.
Blog Nutzungsrechte: Kalkulationsbeispiel für umfangreiche Nutzrechte
Kalkulation B: Nutzungsfaktoren bei einem umfassenden Umfang.

Die Höhe des Nutzungshonorars hängt also vom gewünschten Umfang der Nutzungsrechte ab. Sie kann durch den Auftraggeber gesteuert und genau auf die Bedürfnisse des jeweiligen Projektes zugeschnitten werden. Für den Produktflyer für die Kosmetikmarke wäre eine internationale Nutzung Unsinn, wenn die Marketingaktion sich auf Deutschland bezieht. Die IO vergleicht es mit einem Zugticket: „Man kauft sich ja auch keine Jahreskarte, wenn man einmalig eine Strecke mit der Bahn fahren möchte.“

Neben dem Nutzungshonorar gibt es noch weitere Modelle. Beim Absatzhonorar wird der Urheber am Umsatz beteiligt. Es wird bei Illustratoren z. B. in der Zusammenarbeit mit Verlagen angewandt (Kinderbücher). Im klassischen Agenturgeschäft kommt es eher selten vor.

Ist ein Vertrag nötig?

 
Es reicht schon, wenn die Eckdaten in einem ordentlichen Angebot festgehalten werden, das offiziell bestätigt wurde. Das ist für beide Seiten bindend. Umfassende Verträge sind hingegen bei einer Umsatzbeteiligung üblich.

Unterm Strich

 
Nutzungsrechte sollten in jeder Vereinbarung mit einem Urheber einen festen Platz haben. Neben der Rechtssicherheit und einer passgenauen Kalkulation für den Auftraggeber, gewährleisten sie auch eine Teilhabe des Urhebers an der Verwertung. Denn das Werk ist mehr als Handwerk. Hinter jeder Illustration, jedem Foto oder Text steckt ein kreativer Prozess, Planung und nicht zuletzt Verständnis und Wertschätzung.

 

Quellen:
www.gesetze-im-internet.de/urhg/index.html
Illustratoren Organisation e. V. (Hrsg.) (2020), Tagewerk Illustration, 1. Auflage, Frankfurt a. M.
Illustratoren Organisation e. V. (Hrsg.) (2018), Honorarwerk Illustration, 1. Auflage, Frankfurt a. M.